[ Unser Tai Chi ]

Tai Chi nach Gia Fu Feng und Marion Rieber
in Bietigheim-Bissingen und Ludwigsburg

M. Rieber
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Marion Rieber

* 14.12.1948 † 16.9.2003

Ärztin und klinische Psychologin. Über 20 Jahre arbeitete sie im Bereich der Psychotherapie und Energiemedizin. Das Interesse an den energetischen Zusammenhängen hat sie früh zum Tai Chi geführt. Es folgten dann Licht- und Energiearbeit.

Sie war eine der ersten Schülerinnen von Gia Fu Feng. Dieser war ein weniger bekannter chinesischen Meister. Marion fand seinen Stil sehr gesundheitsfördernd und für westliche Menschen ansprechend. Seine Peking-Sequenz ist eine Mischung aus Yang-, Chen- und Wu- Stil und bevorzugt weiche und gleitende Bewegungen.

Um die Formen der Sequenz mit noch mehr Inhalt zu füllen, wurde Marion Schülerin von Mantak Chia. Er hat die Jahrtausende alten Weisheiten des „heilenden und universellen Tao“ für uns westliche Menschen neu zugänglich gemacht. Im Sommer 2002 erlangte sie das Diplom zum „certified instructor of the Universal Tao system“ und war damit eine der wenigen von Mantak Chia anerkannten Lehrerinnen.

 

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Heinz-Joseph Nicolin (Übungsleiter)

Bietigheim-Bissingen, Jahrgang 1938,

Mein Weg im Tai Chi:

1993 erlernte ich die Peking-Sequenz im Chen - Stil. Etwa 1998 kam ich zu Inge Buchert, Ludwigsburg. Sie lehrte die Pekingsequenz im Stile von Gia Fu Feng und Marion Rieber.
Da mir dieser Stil sehr zusagte, besuchte ich laufend Lehrgänge mit Marion Rieber. Im April 2001 nahm ich am Lehrer-Ausbildungsseminar in ihrer School Of Life in Portugal teil und erhielt von ihr das Taijilehrer - Diplom.
Seit Herbst 2000 gebe ich Anfängerkurse an der Schiller-Volkshochschule in Bietigheim und seit 2001 beim MTV Ludwigsburg .
2001 fand sich in Bietigheim eine erste Gruppe, um regelmäßig Tai Chi zu üben und sich weiter zu entwickeln. 2002 entstand die zweite Gruppe.

Die Ursprünge von Tai Chi Chuan weisen auf Selbstverteidigung hin. „Chuan = mit leerer Faust kämpfen“. Viele der Formen im Tai Chi Chuan finden sich auch in anderen Kampfkünsten wieder, z. B. im Aikido. Seit 1985 erlerne ich bei Walter Oelschläger, Shihan 7. Dan, Aikido im Stile von Sensei Kobayashi Hirokazu. Im November 2018 wurde ich zum 5. Dan graduiert. Da beim Tai und beim Aikido die Bewegungen aus dem Zentrum, aus der Körpermitte kommen, finde ich, dass sich beide Sportarten sehr gut und harmonisch ergänzen. Mir hilft es, viele Bewegungsabläufe in den Tai Chi-Formen besser zu verstehen.

 

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Eine Geschichte zu unserer Tai-Chi-Sequenz

Die Pekingsequenz nach Gia Fu Feng

Teilnehmer des Anfängerkurses meinten, dass sie Schwierigkeit hätten, sich die Reihenfolge der Bilder zu merken. Ich würde doch beim Erlernen der einzelnen Figuren immer versuchen, Eselsbrücken zu finden, indem ich irgend welche Bilder erzähle. Deshalb kam mir spontan der Gedanke, eine kleine Geschichte zu erdenken. Da besonders die Übergänge zwischen den einzelnen Figuren oft länger und schwieriger sind als die Figuren selber, binde ich diese mit ein.
Den Übergängen bzw. auch einzelnen Bewegungen habe ich teilweise Namen oder Verben gegeben, um beim Üben den Anfängern die kommende Bewegung zu sagen. Da kommen solche Worte vor wie: Windmühle, duschen, fliegen, schneiden, über die Tischplatte schieben, Nudelkralle, Nudeln essen, strecken und öffnen usw.

Die Geschichte:

Der alte Meister steht morgens auf, stellt sich fest auf den Boden und begrüßt die Sonne. Dann striegelt er seine Pferde und schmückt sich mit einer Kranichfeder. Als erste Übung trainiert er den Schwertkampf im Vorwärtsgehen Nach einer Pause, in der er zur Erholung die Leier spielt, übt er den Schwertkampf im Rückwärtsgehen.
Dann sieht er den Spatzen und den Windmühlen zu. Zur Stärkung isst er Nudeln und sieht dabei den Wolken zu, wie sie vom Wind geschoben werden. Nach einer zweiten Stärkung mit Nudeln duscht er und beobachtet das sich aufbäumende Pferd. Danach übt er mit einem imaginären Gegner den Fersenkick, dem Kick mit dem Knie und mit den Fäusten auf die Ohren zu schlagen.
Er sieht die sich windende Schlange, die dann tief wegkriecht. Auch der Hahn beobachtet sie und kräht, um seine Hühner zu warnen. Die Schlange versucht es dann von der anderen Seite, aber auch hier kräht der Hahn.
Die Tochter, das Jademädchen, hört den Krach und beugt sich aus dem Fenster. Dabei läßt sie eine Nadel fallen. Diese zieht sie dann wieder aus dem Boden. Sie dreht sich um und sieht ihrem Vater zu, wie dieser sich im Schattenboxen übt.
Zuerst boxt er in Hüfthöhe, streckt sich und boxt dann oben bei gleichzeitiger Abwehr.
Zum Schluß macht er noch einige Qi Gong Bewegungen: Zuerst schließt er eine schwere Tür, dreht sich wieder der Sonne zu, umarmt sie und kehrt in die Ausgangsstellung zurück. Er meditiert noch einen Augenblick nach, schließt die Füße und dankt der Sonne.

 

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Tai Chi – aus einem anderen Blickwinkel

Auszüge aus:
Friedfertige Kampfkünste aus Japan
Von Dirk Kropp und Christina Barandun

Als ich den Artikel über Aikido las, hatte ich das Empfinden, dass vieles darin auch für Tai Chi gilt. Manchmal braucht man nur das Wort Aikido mit Tai Chi auszutauschen. Der Unterschied zwischen den Beiden ist: Beim Aikido übt man zu zweit und kommt bei einem guten Angreifer in eine Stress-Situation, bei der man lernen muss gelassen damit umzugehen – beim Tai Chi kennt man dies nicht, weil jeder für sich übt, auch wenn man in einer Gruppe ist.
Wer kennt es nicht, dass man erholt und entspannt aus dem Urlaub kommt oder ausgeruht zur Arbeit geht, und nur eine einzige unangenehme Bewegung ausreicht, und schon ist alle innere Ausgeglichenheit wie weggeflogen, Anspannung macht sich breit und der gewohnte Stress kommt wieder auf.
Was uns täglich unendlich viel Kraft rauben kann, ist die Art und Weise, wie wir mit schwierigen Bedingungen und Situationen umgehen, wie weit wir sie an uns heranlassen und wie wir sie einordnen. Immer wieder ärgern wir uns, lassen uns reizen, verlieren die Geduld und lassen uns das körperliche und innere Gleichgewicht stehlen. Zudem sind wir in unserer oftmals gestressten Gesellschaft fast täglich kleineren oder größeren Angriffen ausgesetzt. Ob beruflich, im Freundeskreis, privat oder einfach in Alltagssituationen: allein die Fülle an Bewegungen und Eindrücken ist bereits überfordernd.

Gesunde Beweglichkeit belebt

In unserem bewegungsarmen Alltag rosten viele natürliche Bewegungsformen ein. Eine  schmerzende Steifheit entsteht, und wenn wir uns verrenken, dann meist durch ungeschickte Handlungen z. B. durch ungeschicktes Bücken und Beugen. Die regelmäßige gesunde körperliche Bewegung im Tai Chi, die nicht überfordert und dennoch die natürlichen Bewegungsmöglichkeiten erweitert, führt wieder zu einer feinmotorischen, schmerzfreien Beweglichkeit. Das eng verbundene Körpergefüge wird harmonisiert, und der komplexe Organismus wird umfassend in seinen vielschichtigen Funktionen unterstützt. Man dehnt und kräftigt sich, regt den Kreislauf und Stoffwechsel an, fördert Atmung und Ausdauer. Der dynamisierende Rhythmus weckt und belebt zugleich einen müden, energielosen Körper. Die im Körper schlummernde Lebensenergie wird aus ihren kraftraubenden Verspannungen oder lähmenden Blockaden befreit. Wir kommen in den unvergleichlichen Wohlgenuss, und in alle natürlichen Richtungen frei und entspannt bewegen und zugleich mit starker Präsenz auftreten zu können.
Mit der reinen Beweglichkeit wird gleichzeitig ein bewusstes Empfinden für sich selbst geübt. Möchte man mit Feingefühl und dem rechten Maß handeln, ist eine bewusste körperliche Selbstwahrnehmung unabdingbar. Dieses Gespür für sich selbst ist es, durch das wir z. B. die Haltung eines gehobenen Arms fühlen.

Auf die Körperhaltung kommt es an

Im Rahmen der Körperarbeit legt Tai Chi von Anfang an großen Wert auf eine gute Körperhaltung. Sie ist die Grundlage, um sich gesund zu bewegen und standfest und selbstsicher vor anderen Menschen aufzutreten. Sie ist die Grundlage für alles, was wir tun. Und obwohl sie uns den ganzen Tag beeinflusst und unsere Bewegungsfreiheit, unser Auftreten und unser Wohlbefinden entscheidend mitprägt, nehmen wir uns selten Zeit, sie bewusst wahrzunehmen. Zu oft vergessen wir, in welchem Ausmaß wir uns allein durch unsere Körperhaltung schaden, beziehungsweise durch sie unser Wohlergehen unterstützen könnten, und vor allem wie sehr sie unsere Ausstrahlung beeinflusst. Daher legt Tai Chi von Anfang an großen Wert darauf, von innen heraus ein gespürtes Richtmaß für eine zentrierte, aufrechte und entspannte Haltung zu entwickeln und diese gute Körperhaltung auch in der Begegnung mit anderen zu wahren. Durch stetiges Üben wird man eine gute Haltung wesentlich leichter auch im Alltag wahren können. Und je entspannter und souveräner wir dastehen, desto beruhigender und unangreifbarer wirken wir (von vorneherein). So kann allein (die) selbstsichere Ausstrahlung auf stille Art beeindrucken.

Gelassen bleiben

Es hilft, sich bewusst zu werden, dass wir den meisten Stress-Situationen nicht hilflos ausgeliefert sind. Oft haben wir uns einfach im Leben nur angewöhnt, auf bestimmte Reize gestresst zu reagieren. Und so wie wir sie uns angewöhnt haben, können wir sie uns im Training auch wieder abgewöhnen. So ist es die wiederholt positive Erfahrung im Training, die hilft, sich innerlich umzuprogrammieren. Und so erwächst aus praktischer Erfahrung nach und nach Gelassenheit, die einen ganz anderen Umgang mit Stress ermöglicht

Konzentration, Gelassenheit, Willensstärke

Wertvolle mentale Fähigkeiten, die Tai Chi  fördert, sind Konzentration, Gelassenheit und Willensstärke. In einer Kampfkunst, ebenso wie im Alltag, ist es entscheidend, den Geist im Griff zu haben und sich auch dann konzentrieren zu können, wenn es die Umstände, Aufgaben oder die eigene Laune erschweren. Eine trainierte Konzentrationskraft wird zu geistigem Schutz, sich weniger von außen beeinflussen zu lassen und die eigenen Ziele unbeirrter zu verfolgen.
Gelassenheit ist wiederum die Grundlage, um nicht unter Stress den Kopf zu verlieren und sich oder anderen entweder durch ein ungünstiges hektisches Verhalten zu schaden oder durch gelähmtes Nichtstun eine Chance zu verpassen. Ein gelassener Geist hilft, einen guten nächsten Schritt auch unter äußeren Schwierigkeiten sicher zu finden.
Und schließlich ist es die Willensstärke, die dafür sorgt, den Maßstab ethischen Handelns jederzeit in die Tat umsetzen zu können. Immer wieder ist es eine Übung der Willensstärke, um auch dann – oder gerade dann – souverän und gewaltlos zu bleiben, wenn man es aufgrund aufkommender Leidenschaften eigentlich nicht möchte.

Durch Bewegung in die eigenen Tiefen gelangen

Im Westen wird Tai Chi gerne als sportliche, rein körperliche Bewegungskunst betrachtet und geübt. Um in die persönlichkeitsbildenden Tiefen einzusteigen, ist ein Blick nach Asien hilfreich. Hier ist über Jahrhunderte eine Methode entstanden, die einen spirituellen Ansatz verfolgt und den gesamten Menschen einbezieht – eine Methode meditativer Selbsterfahrung und stiller Selbstreflexion. Wie in der Kunst des Blumensteckens oder der Teezeremonie floss auch z.B. in viele Kampfkünste eine meditative Qualität ein. Die besinnliche Qualität dient nun dazu, sich selbst hochkonzentriert zu beobachten und zu üben, wie wir mit uns umgehen. Durch diese nach innen gewandte Qualität wird das Ausführen der Tai Chi Bewegungen zur Meditation: ein Weg, der nach innen zu sich selbst führt.

Selbstwandlung durch regelmäßige Übung

Dieser meditative Weg nach innen ist deswegen so wirksam, weil die Übungen in immer wiederkehrender Art und Weise stattfinden. Von Anfang bis zum Ende ist der Übungsverlauf streng festgelegt und ritualisiert. In dem gleich bleibenden Ablauf ist die Aufmerksamkeit nicht mehr damit beschäftigt, sich zu fragen, was geschieht jetzt? Sie kann sich ausgiebig mit dem „Wie“ beschäftigen. Wie ist die Bewegung? Ist sie so, wie ich es mir wünsche? Wo könnte ich entspannter und ruhiger sein? Wo bin ich zu zurückhaltend, wo zu forsch? Zum anderen entsteht immer wieder eine ähnliche Situation, um nicht nur den aktuellen Stand festzustellen, sondern um auch nach und nach günstigere Handlungsweisen einzuüben und das eigene Tun zu optimieren.
In dem bekannten, gleich bleibenden Rahmen hat man die Zeit, immer wieder in der gleichen Situation auf allen Ebenen an sich zu arbeiten. Wer sich auf diese Tiefenarbeit einlässt, der empfindet die ritualisierten Übungen nicht eintönig, sondern im Gegenteil: sie werden zu einem faszinierenden Selbststudium und einem wirkungsvollen Raum der Selbstwandlung.

Tai Chi ist ein wunderbar ausgewogenes Persönlichkeitstraining

Für mich ist es wichtig, jede Bewegung, jedes Bild und jeden Übergang immer wieder zu üben – auch oft hintereinander – in einer „Schleife“, um immer wieder etwas Neues zu entdecken und zu vertiefen. Ich achte darauf, jede Bewegung kontrolliert mit Spannung und Entspannung und bis zum Ende auszuführen. Die Gewichtsverlagerung versuche ich bewusst mit der Atmung zu harmonisieren und dabei das Becken entsprechend nach vorne und nach hinten zu kippen.
Kleine Teilsequenzen halte ich für sehr wichtig und diese auch in verschiedenen Richtungen, um mich vom eingeübten Raum zu lösen und auch hier frei zu werden.

Im Januar 2012
Hei - Jo

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